Muztagh Ata Expedition 2011

Bruno Petroni (Interlaken) – Xaver Pfyl (Schwanden) – Wilhelm Zurbrügg (Frutigen)

Muztagh Ata Expedition 2011

Am 19. August 2006 verschwindet Rolf Hafner im Schneesturm spurlos vom Gipfel des Mutzagh Ata (7546 m). Sein Freund Bruno Petroni organisiert fünf Jahre danach eine Expedition zu diesem exponierten Eisriesen in der westchinesischen Provinz Xingjang. Er kann seine Bergkameraden Xaver Pfyl und Wilhelm Zurbrügg zu dieser einmonatigen Reise motivieren. Das dreiköpfige Swiss Team reist am 27. Juli via Moskau nach Biskek (Kirgistan), und von dort über 1’000 Kilometer Sandpiste durch die Wüste von Xingjang zum Fuss des Muztagh Ata.

Packtag: Die drei Alpinisten (Wilhelm, Xaver, Bruno) bereiten 144 Kilo an Expeditionsmaterial für die Reise vor. Beim Einchecken in Zürich haben sie Übergewicht für 390 Franken zu bezahlen.

1’000 Kilometer holperige Sandpiste über ein halbes Dutzend hohe Pässe machen müde: Xaver hat ein komfortables „Kissen“ gefunden….

Entlang der Grenze von Kirgistan nach China zeigen die Expeditionsteilnehmer ihre Reisepässe insgesamt acht Mal! Und auf dem Torugartpass (3800 m) muss das Gepäck zu Fuss über die Staatsgrenze getragen werden.

Kashgar: Diese Hauptstadt der Uiguren hat für Europäer nachhaltige Eindrücke parat. Unglaublich, in welchen Verhältnissen die Menschen dort leben. Das Armutsgefälle ist enorm, und der Tierschutz existiert da nicht. Schafherden auf der Autobahn sind keine Seltenheit. Vortritt hat der, welcher am lautesten hupt und am meisten Mut besitzt.

Via Karakulsee gelangen die Bergsteiger nach Subash (3800 m), einem kleinen Dorf mit Trägern tibetischer Herkunft, die dort mit ihren Familien leben und den Expeditionen ihre Trägerdienste mit Kamelen und Eseln anbieten. Der Blick zum Muztagh Ata ist von hier aus atemberaubend. Von Subash geht es am nächsten Tag 15 Kilometer zu Fuss zum Basislager des Muztagh Ata (4400 m). Der Anblick des Muztagh Ata lässt einige Emotionen aufkommen und holt die tragische Geschichte um Rolf Hafner beim Swiss Team wieder ein.

Im Basislager gilt es, sich genügend Zeit zur Akklimatisation zu nehmen. Das Swiss Team ruht sich vier Tage lang von der langen Anreise aus und bereitet den Vorstoss ins 1. Hochlager (5400 m) vor. Dabei befreunden sie sich mit den Einheimischen und deren Kindern.

Vorstoss zum 1. Hochlager auf 5400 Meter über Meer: Für die 1’000 Höhenmeter nehmen sich die Alpinisten vier Stunden Zeit. Die Luft ist dünn da oben. Nachts fällt das Thermometer auf null Grad, tagsüber steigen die Temperaturen bis auf 25 Grad, im Basecamp sogar bis 30 Grad. Ein Teil des in Lager 1 und 2 benötigten Materials wird für gutes Geld von Eseln und Trägern hoch getragen. Die Einheimischen lieben das Rascheln von Dollarnoten….

Im 1. Hochlager wird wieder ausgeruht und akklimatisiert, Puls gemessen, literweise Tee gekocht und die wunderschöne Stimmung genossen.

Bruno und die Mitbringsel: In seiner Hand hält er einen Stein aus dem Elternhaus von Rolf Hafner. Im Hintergrund ist ein Stoffsäcklein mit Holzblümchen zu sehen, welches das Swiss Team auf dem Gipfel in den östlichen Abgrund werfen sollen.

Vor dem Vorstoss ins 2. Hochlager: Wilhelm kann es nicht mehr verklemmen und macht oberhalb des 1. Lagers die ersten Schwünge auf chinesischem Schnee, interessiert beobachtet von Xaver und Bruno.


Hochlager, und unten im Schatten ist in der Wüste das Basislager zu sehen.

Wettercheck: Via Mobiltelefon spricht Bruno mit Meteotest in Bern. Rechts hört der Österreicher Uli interessiert zu.

Vorstoss ins 2. Hochlager (6200 m): Diese 800 Höhenmeter werden mit Skis und Steigfellen bewältigt. Bei stellenweise Blankeis gilt allerhöchste Vorsicht. Wer hier rutscht, kann den Sturz kaum mehr bremsen. Ein Fehler ist hier verboten. Durch die Gletscherabbrüche gilt auch höchste Konzentration. Ein Ausrutscher könnte sich fatal auswirken. Und es ist steil – sehr steil! Und die Luft wird immer dünner.

 

 


Geschafft: Der Vorstoss ins 2. Hochlager (6200 m) kostete viel Energie. Dem Swiss Team sind die Strapazen anzusehen. Jetzt gilt es, sich möglichst gut zu erholen, denn am nächsten Morgen soll der Gipfelsturm erfolgen. In der Nacht leidet Bruno akut an einem Apneu-Syndrom, das sich schon im 1. Hochlager bemerkbar gemacht hat: Die ganze Nacht Atemaussetzer, gefolgt von panischem Erwachen, und das im Minutentakt.

13. August acht Uhr morgens – im Nachhinein als viel zu spät erkannt – der Gipfelsturm. Es warten 1300 Höhenmeter auf das Swiss Team. Während die Temperaturen am Morgen noch bei rund minus 25 Grad liegen und eine steife Bise bläst, wird es nach Mittag recht warm, über null Grad. Das Team schafft pro Stunde rund 100 Höhenmeter. Zu wenig, um rechtzeitig auf den Gipfel zu gelangen. Auf der Höhe von 6900 Metern muss Bruno aufgeben – die fehlende Erholung auf Grund des Apneu-Syndroms hat zugeschlagen. Er fühlt sich jetzt noch in der Lage, aus eigener Kraft abzusteigen. Die Drei einigen sich, dass Bruno allein ins 1. Hochlager absteigt, während Xaver und Wilhelm versuchen, den Gipfel zu erreichen. 200 Meter unter dem Gipfel – inzwischen sind wiederum fast vier Stunden vergangen – müssen auch sie umkehren. Nebst der Erschöpfung ist es ein aufkommendes Gewitter, das das Erreichen des Gipfels heute verunmöglicht.

Zu diesen gezeichneten Gesichtern braucht es nicht viele Worte. Bruno erleidet in der Nacht nach dem ersten Gipfelversuch auch noch eine Stirnhöhlenentzündung, womit für ihn das Rennen gelaufen ist: Er wird keinen zweiten Gipfelversuch mehr unternehmen können. Er leidet an Nasenbluten, sucht jedes WC-Papierröllchen und Nastuch im ganzen Basecamp zusammen und veranstaltet ein regelrechtes Gemetzel. Derweil erholen sich Xaver und Wilhelm im 1. Hochlager und bereiten sich auf einen zweiten Gipfelversuch vor.

Vier Tage nach dem ersten Gipfelversuch vom 13. August, am 17. August unternimmt Bruno – die Stirnhöhlenentzündung ist gerade in Höchstform – vom Basecamp aus eine kurze Tour zur südlichen Gletscherzunge.

Wintereinbruch: Nachmittags um drei Uhr fällt das Thermometer innerhalb einer halben Stunde um 35 Grad. Vorher noch unsagbare Hitze, jetzt Schneesturm. Wie trocken die Luft hier ist, zeigt die Tatsache dass der gefallene Neuschnee nicht schmilzt, obwohl der Boden von der Hitze noch warm ist.

Erfinderisch: Die einheimische Jugend im Basecamp bastelt mit leeren Gaskartuschen der Expeditionen kleine Autos, welche sie dann im ganzen Camp herumstossen.

Xaver’s und Willi’s Gipfelsturm: Wesentlich früher vom 2. Hochlager aus gestartet, versuchen die beiden am selben Tag, wo Bruno sein Gletschertüürli unternimmt, den Muztagh Ata-Spitz zu erreichen.

Geschafft: Gleichzeitig mit Erreichen des 7546 Meter hohen Gipfels zieht ein Schneesturm auf. Dichter Nebel verunmöglicht jegliche Sicht in die Ebene. Die beiden verbringen denn auch nicht allzu viel Zeit auf dem Gipfel. Xaver sammelt drei Steine auf, die er mit in die Heimat bringen will, und Wilhelm wirft das Stoffsäcklein für Rolf über die Schneewächte in den Abgrund. Auf die beiden wartet danach eine über einstündige Tiefschneeabfahrt zum 2. Hochlager hinunter. Zur Orientierung hat Wilhlem sein GPS-Gerät dabei, und die beiden können sich auch auf die in gewissen Abständen gesteckten Markierungsfähnchen verlassen.

Aufbruchstimmung: Nach der Rückkehr von Xaver und Wilhelm – sie haben bereits das gesamte 2. Hochlager mit runter genommen – wird das 1. Hochlager abgebaut. Die Esel leisten wieder wertvolle Dienste. Obwohl Bruno noch von seiner Entzündung geplagt wird, hat er sich wieder etwas erholt.

Zeremonie unweit des Basecamps, mit Blick auf den Muztagh Ata: Das Portraitposter von Rolf wird von Bruno unter einem grossen Steinhaufen begraben.

Erstmals seit Wochen gibt’s mal etwas anderes als Reis und Nudeln. Aber das Poulet ist sooo scharf! Alle drei Schweizer sehnen sich nach Käse! Derweil werden die Gepäckstücke bereitgestellt und für den Rücktransport nach Subash auf Fahrzeuge geladen.

Letzte Blicke zurück: Der Muztagh Ata ist Geschichte. Das Swiss Team nimmt viele Eindrücke und Erinnerungen mit nach Hause zurück. Yaks, Kamele, Ziegen und Schafe „begleiten“ sie auf ihrer Wanderung nach Subash.

Nochmals Kashgar: Die Rückkehr aus der ruhigen Bergwelt in diese 300’000-Menschenstadt ist ein echter Kulturschock. Das kulinarische Angebot (Skorpione, Schlangen, Fledermäuse usw.) ist nicht gerade nach europäischem Geschmack. Die Vorfreude auf heimische Kost ist enorm. Und die Armut in Kashgar kommt nochmals so richtig zum Vorschein.

Reifenpannen sind auf diesen katastrophalen Sandpisten an der Tagesordnung. Diesmal sind es deren drei.

Eine der zahlreichen Yurten. Die Uiguren leben hier das ganze Jahr über und betreiben vor allem Viehzucht.

Unbeschreiblich schöner Moment, nach Wochen Sand, Steinen und Schnee endlich mal wieder eine schöne Blume zu sehen. Zurück in Kirgistan, das doch eher wieder ein bisschen an europäische Verhältnisse erinnert.

Ein Tag Strandferien am Ysyk-Kôl-See in Kirgistan: Bruno und Wilhelm geniessen am Sandstrand eine saftige Wassermelone, während Xaver seinen Schönheitsschlaf tätigt.

Reise zum Flughafen in Biskek: Die Expedition neigt sich dem Ende entgegen. Die Vorfreude auf Schweizer Käse wird immer grösser….

Wilhelm, Xaver und Bruno sind zurück in der Schweiz. Die drei Freunde haben unvergessliche vier Wochen hinter sich.

 

BO – Berner Oberländer : PDF_Muztagh Ata 4.10.2011

Portrait Emotionen

Bruno Petroni
3800 Matten
b.petroni@gmx.ch

Tel. +41 796569941

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